Gepäckabfertiger legt Geständnis ab
Spielcasinoräuber verzockte Beute wieder am Automaten

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 1:30 Uhr

Die Spielleidenschaft des 26-jährigen Erdinger Gepäckabfertigers Daniel H. war so groß, dass er einen Großteil der Beute, die er bei einem Spielhallen-Überfall gemacht hatte, wieder an den Automaten verzockte.

ERDING / LANDSHUT Zum Prozessauftakt vor der 1. Strafkammer des Landshuter Landgerichts, wo ihm schwerer Raub vorgeworfen wird, legte er ein vollumfängliches Geständnis ab.

Die von Staatsanwältin Sonja Ludwig vertretene Anklage wirft dem 26-Jährigen vor, am 5. Juni letzten Jahres wenige Minuten vor der Sperrstunde um 23 Uhr mit einer Mütze auf dem Kopf und einem ins Gesicht gezogenen Pullover sowie mit einer echten „Wumme” täuschend ähnelnden Softair-Pistole das Erdinger Spielcasino „Royal” gestürmt zu haben.

Mit der vorgehaltenen Waffe habe er von der aus Wörth stammenden Aushilfs-Servicekraft (50) zur Herausgabe von Geld aufgefordert. die habe zunächst noch versucht, ihn von dem Überfall abzubringen, doch dann einen Kasseneinsatz auf den Tresen gestellt, aus dem der Räuber 450 Euro in Scheinen entnommen habe, um dann zu flüchten. Bereits wenige Tage später führte die Spur zu dem 26-Jährigen, er wurde am Arbeitsplatz festgenommen. Bereits auf der Fahrt zur Dienststelle legte er ein Geständnis ab.

Das wiederholte er auch zum Prozessauftakt vor der 1. Strafkammer: Er sei seit vielen Jahren spielsüchtig, so räumte der Gepäckabfertiger ein, seit 2006 sei der Stammgast im Casino in der Franz-Brombach-Straße. An jenem Sonntag habe er vom frühen Nachmittag bis nach 22 Uhr an den Automaten gespielt und sein ganzes Geld, etwa 400 Euro, mit denen er über den Monat hinweg auskommen sollte, verspielt. Schon an den Tagen vorher habe er die Hälfte der ihm monatlich zur Verfügung stehenden 800 Euro verzockt. „Immer wenn ich frei hatte, bin ich ins Casino. Dabei habe ich mir vorgenommen, höchstens für 30 Euro zu spielen”, berichtete er. 

„Ich bin an diesem Abend mit nix rausgegangen und habe mir dann überlegt, dass ich für den ganzen Monat keinen Cent mehr habe, Geld brauche”, so der 26-Jährige. Er sei nach Hause gefahren, habe sich umgezogen und sei dann wieder zum Casino zurückgekehrt. Die beim Überfall verwendete Softair-Pistole habe er schon vor Jahren mit Freunden in München gekauft: „Wir haben einige Zeit damit im Wald herumgeballert, als dann die Plastikkugeln zu Ende waren, habe ich sie in einer Kiste in der Garage gesteckt und schon fast vergessen gehabt.”

Die Servicekraft habe noch auf ihn eingeredet, „dass ich es lassen soll.” Er habe schon kurz überlegt, das Casino zu verlassen, dann aber habe die 50-Jährige auf seine Forderung „Geld” den Kasseneinsatz auf den Tresen gestellt: „Da habe ich dann reingelangt.”

Mit der Beute habe er am nächsten Tag getankt, das Handy aufgeladen und sich Lebensmittel besorgt. „Dann bin ich wieder zum nächsten Automaten, diesmal nach Aufhausen und habe den Rest verspielt, bis auf die 50 Euro, die ich zuhause gelassen hatte”, berichtete er. Er habe seiner Verlobten - die von seiner Spielsucht nichts ahnte - auch gemailt, dass er „Mist” gebaut habe. „Ich glaube, ich hätte ihr den Überfall gestanden und mich dann gestellt, wenn ich nicht vorher verhaftet worden wäre.”

Was er der Servicekraft mit dem Überfall antue, habe er sich vorher nicht überlegt, so Daniel H. Inzwischen bereue er das längst. Das hatte er übrigens auch in einem Brief an die 50-Jährige zum Ausdruck gebracht: „Ich entschuldige mich von ganzem Herzen. Ich weiß nicht, das in mich gefahren ist, das war das Dümmste in meinem Leben.” Außerdem habe er auch veranlasst, dass von seinem letzten Monatsgehalt noch 400 Euro an das Casino überwiesen wurden. Als Stammgast habe er natürlich gewusst, dass es Überwachungskameras im Casino gebe: „Aber darüber habe ich gar  nicht nachgedacht.”

Die 50-jährige kaufmännische Angestellte, die im Nebenjob noch als Servicekraft Nachtschichten machte, bestätigte den von Daniel H. geschilderten Tatablauf. Er sei auch der letzte Gast gewesen, habe kurz nach 22 Uhr das Casino verlassen. Sie sei dann mit dem Räuber ganz allein gewesen. „Ich habe ihm noch gesagt, er soll sich überlegen, was er da macht, dann habe ich nur noch die Waffe gesehen und den Kasseneinsatz auf den Tresen gestellt. Schließlich hat man nur ein Leben”, so die 50-Jährige. 

Die Ängste, die sie damals ausgestanden habe, ließen sich  nicht beschreiben. „Ich klappe nicht so leicht zusammen, aber Angst habe ich noch bis heute, das Bild geht mir nicht aus dem Kopf.” - Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. U.a. wird ein Sachverständiger dazu gehört, inwieweit die Spielsucht die Schuldfähigkeit des 26-Jährigen tangierte.

Erding