Brutzeit ist auch Mahdzeit
Jäger und Landwirte arbeiten bei Kitzrettung zusammen

11.07.2017 | Stand 20.07.2023, 11:37 Uhr
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Die Natur wird jedes Frühjahr zur Kinderstube. Von Mai bis Juni, wenn die Rehkitze gesetzt werden, erreicht die Brut- und Setzzeit auch für viele andere heimische Wildarten ihren Höhepunkt. Seit Anfang Mai laufen die Mähwerke, den Höhepunkt erwartet der Kreisjagdverband Erding in diesen Tagen. Mähmaschinen stellen eine große Gefahr für Jungwild dar.

ERDING LANDKREIS Junge Feldhasen und Rehe haben gegenüber ihren Fressfeinden eine besondere Strategie entwickelt: wenn Gefahr droht, fliehen sie nicht, sondern ducken sich und verharren still, um nicht entdeckt oder aufgespürt zu werden. Dieses regungslose Verharren als Schutzstrategie wird den Jungtieren bei der Wiesenmahd mit schnellen und breiten Maschinen allerdings zum Verhängnis. Ebenso ergeht es Gelegen von wiesenbrütenden Vogelarten. Die Ursache: Der günstigste Mahdtermin in der Futterwirtschaft fällt in den Zeitraum der Jungenaufzucht zahlreicher Wildtierarten. Der Kreisjagdverband Erding appelliert daher an Landwirte zur Zusammenarbeit, um Jungwild vor dem sicheren Mähtod zu retten.

Der Vorsitzende des Kreisjagdverbandes Erding, Thomas Schreder: "Jeder Landwirt ist dazu verpflichtet, vor der Mahd seiner Wiese sicherzustellen, dass sich kein Wirbeltier in dieser befindet. Viele Landwirte kommen dieser Verpflichtung gerne nach und versuchen Tiere von den Wiesen fern zu halten, denn kein Landwirt zermäht gerne ein Reh oder einen Hasen. Unsere Jägerinnen und Jäger helfen ihnen dabei, wenn sie rechtzeitig über Schnitttermine informiert werden."

Es gibt viele Möglichkeiten, die Jungtiere zu schützen, zum Beispiel wenn Mahdtermine rechtzeitig, sprich 24 Stunden vor der Mahd, dem Jagdpächter gemeldet werden, damit dieser die Wiesen nach Kitzen absuchen oder Wildscheuchen aufstellen kann. Ein vielversprechender Lösungsansatz ist hier beispielsweise auch die Kitzrettung aus der Luft mit Infrarottechnik und Multicoptern, bei der sich der Bayerische Jagdverband seit Jahren aktiv engagiert. Aber auch der Landwirt selbst kann mit der richtigen Mähstrategie, von innen nach außen, zur Rettung der Wildtiere beitragen.

Die Erdinger Jägerinnen und Jäger leisten jährlich freiwillig zahlreiche Stunden bei der Kitzrettung. Durch ihr großes ehrenamtliches Engagement, sei es beim Absuchen von Wiesen, Aufstellen von Wildscheuchen oder Anbringen von verschiedenen Kitzrettern, können jedes Frühjahr hunderte Rehkitze gerettet werden. Dabei benötigen sie aber dringend die Zusammenarbeit mit den Landwirten vor Ort.

Neben den Futterwiesen werden im Frühjahr auch häufig Weg- oder Feldrandstreifen gemäht. Dabei ist hier – anders als bei der Wiesenmahd zur Futtergewinnung – ein früher Schnittzeitpunkt nicht notwendig. Mit bestimmten Mähmethoden können Wildtierverluste drastisch gesenkt werden, zum Beispiel mit der Schnitthöhe. Je höher der Schnitt, desto geringer sind Verluste bei sich drückenden Tieren und Bodenbrütern. Den größten Einfluss hat allerdings der Schnittzeitpunkt. Je später der Mahdtermin, desto geringer sind die Verluste.

Um Wildtierverluste durch Mahd und Bewirtschaftung möglichst zu verhindern, empfiehlt der Bayerische Jagdverband (BJV) folgende Maßnahmen:

- Vorsorge: Melden des Mahdtermins 24 Stunden vor Anrücken der Mähwerke. Nur dann hat der Jagdpächter die Möglichkeit, Wildscheuchen, sogenannte "Kitzretter" aufzustellen und Wiesen nach Rehkitzen abzusuchen, um sie aus der Wiese zu tragen. Achtung: Jungtiere nicht anfassen! - Schnittzeitpunkt: späte Schnitte, im Idealfall ab Mitte Juli, vermindern die Verluste von Wildtieren in der Brut- und Setzzeit, beziehungsweise der Aufzuchtphase. Hierbei können der Landwirte für später Schnittzeitpunkte Förderungen über das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm erhalten. - Schnitthöhe: je höher der Schnitt, desto geringer sind Verluste bei sich drückenden Tieren und Bodenbrütern. - Mahdstrategie: Mähen von Wiesen in Teilstücken, Randstreifen möglichst ungemäht lassen. - Mahdrichtung: Mahd der Wiese von "innen nach außen" bietet ausgewachsenen Wildtieren die Möglichkeit zur Flucht.

Erding