850.000 Euro Geldbuße
CAP-Prozess: Bewährung für die Manager

09.07.2017 | Stand 29.07.2023, 16:28 Uhr
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Nach 35 Prozesstagen hat die Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Landshut den (zumindest vorläufigen) Schlussstrich im so genannten Flughafenprozess gezogen.

FLUGHAFEN MÜNCHEN / LANDSHUT Wegen Hinterziehung von Sozialabgaben und Lohnsteuer wurde der ehemalige Geschäftsführer der CAP Sicherheits GmbH, Gerhard W. (64) aus Wörth zu einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten, der einstige Betriebsleiter und Prokurist Erich S. (72) aus Wörth wegen Beihilfe zu zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt. Gegen die CAP als Nebenbeteiligte wurde eine Geldbuße von 850.000 Euro verhängt.

Mit dem jeweiligen Strafmaß blieb die Wirtschaftsstrafkammer erheblich unter dem Antrag von Staatsanwalt Dr. Klaus Ruhland, der - wie berichtet - für die beiden Manager Vollzugsstrafen von jeweils erheblich über zwei Jahren, für die eine Strafaussetzung nicht mehr infrage gekommen wäre, und für die CAP wegen „Pflichtverletzungen durch das Handeln eines vertretungsberechtigten Organs” eine Geldbuße von 1,4 Millionen gefordert hatte. Die Verteidiger hatten unisono auf Freisprüche plädiert.

Die Kammer sah den Anklagevorwurf, dass bei der CAP bzw. durch ihre Manager mithilfe eines illegalen Beschäftigungsmodells über Jahre hinweg Sozialabgaben und Lohnsteuer hinterzogen wurde. Fest angestellte Mitarbeiter der CAP waren gleichzeitig bei anderen, kleineren Sicherheitsfirmen, von denen dann die Über- und Feiertagsstunden als abgabefreie Minijobs abgerechnet wurden, als Geringverdiener geführt.

Insgesamt, so Staatsanwalt Dr. Ruhland in seinem Plädoyer, seien damit 2,9 Millionen Euro hinterzogen worden. Dieser Betrag war allerdings nur im Hinblick auf das Strafmaß relevant; denn der tatsächliche Schaden reduzierte sich durch die an die Minijobzentrale geleisteten Abgaben auf rund 1,9 Millionen Euro.

Vorsitzender Richter Alfons Gmelch wandte sich in der mündlichen Urteilsbegründung zunächst an die beiden ehemaligen leitenden Angestellten und machte deutlich, dass eine Bewährungsstrafe keinesfalls ein Freispruch sei. Allerdings habe die Kammer von Auflagen abgesehen: „Das sich fast acht Monate hinziehende Verfahren hat lange genug an der Substanz gezehrt und sie dürften durch die verhängten Strafen auch entsprechend beeindruckt sein.”

Der Grund für die zahlreichen Verhandlungstage sei die umfangreiche Beweisaufnahme mit zuletzt rund 90 Beweisanträgen der Verteidigung gewesen. Dabei seien viele Details zur Sprache gekommen, die oft auch von den wesentlichen Tatsachen abgewichen seien, in erster Linie von der Frage, ob die Minijobber zwei Arbeitgeber, also einen Hauptarbeitsplatz und eine Nebenbeschäftigung nebeneinander gehabt hätten.

Das, so Vorsitzender Richter Gmelch, sei die zentrale Rechtsfrage gewesen. Nach der Beweisaufnahme mit Details über Abläufe und Organisation stehe aber „wie in Stein gemeißelt” fest, dass die CAP-Mitarbeiter bei den Subunternehmern nicht eigenständig als Geringverdiener beschäftigt gewesen seien. Die Kammer sei - im Gegensatz zu den Verteidigern zur Überzeugung gekommen, dass es sich nur um ein Arbeitsverhältnis gehandelt habe.

Die Subunternehmer seien letztlich lediglich firmeninterne Lohnabteilungen gewesen, hätten gerade noch Arbeitsverträge verwaltet und die Rechnungen an die CAP gestellt. Alle Entscheidungen, von der Einstellung der Sicherheitskräfte bis zum Einsatz als Geringverdiener seien von der CAP gesteuert worden.

Und dies habe der frühere Betriebsleiter Erich S. auch im Rahmen seiner Einlassung bereits am ersten Verhandlungstag bestätigt. Ihn habe übrigens niemand - wie der 72-Jährige in seinem letzten Wort beklagt habe - im ganzen Prozessverlauf als Verbrecher oder Kriminellen bezeichnet. Allerdings habe er mit dem „Lohnmodell” eine falsche Entscheidung mitgetragen und müsse sich dafür auch verantworten.

Im Rahmen der Beweisaufnahme, so der Vorsitzende Richter weiter, seien die objektiven Fakten mit einer Deutlichkeit bestätigt worden, die aus der Erfahrung heraus mit früheren, gleichgelagerten Verfahren nicht zu erwarten gewesen sei. Zutage getreten sei auch, dass an dem „Lohnmodell” viele Personen und Juristen mitgewirkt hätten, u.a. auch der ehemalige FMG-Geschäftsführer Walter F., die Rechtsabteilung der „Muttergesellschaft” und Gutachter.

Einen von den Verteidigern ins Spiel gebrachten „unvermeidlichen Verbotsirrtum” schloss die Wirtschaftsstrafkammer aus. Der richtige Weg wäre eine offizielle Anfrage bei den Krankenkassen mit einer umfassenden Schilderung der Abläufe gewesen. Das dies nicht geschehen sei, sei der Kernvorwurf an die Adresse von Gerhard W., er könne die Verantwortung dafür nicht auf die FMG-Geschäftsführung oder den Aufsichtsrat abschieben.

Beim Strafmaß, so Gmelch, sei die Kammer erheblich unter dem üblichen „Tarif” bei einer Schadenssumme um die zwei Millionen geblieben. Die CAP, so begründete er die hohe Geldbuße, habe von dem Modell durch flexiblen Personaleinsatz und geringeren Kosten profitiert. Immerhin sei nach 2009 ein monatlicher Mehraufwand von mindestens 19.000 Euro nachgewiesen. 

Erding