Auch sexueller Missbrauch von Kindern?
Ex-Verlobte (36) in die Prostitution geprügelt?

09.07.2017 | Stand 30.07.2023, 0:42 Uhr
−Foto: n/a

Seine ehemalige Verlobte (36), mit der er zunächst in der Straubinger Gegend und dann in Hohenpolding lebte, soll ein 35-jähriger Einzelhandelskaufmann regelrecht in die Prostitution geprügelt haben.

STRAUBING / HOHENPOLDING / LANDSHUT Damit nicht genug der Vorwürfe im Prozess vor der Jugendkammer des Landgerichts Landshut: Dem Angeklagten wird auch noch der sexueller Missbrauch von Schulmädchen vorgeworfen, denen er unter anderem auf einer Internetplattform Geld für Sextreffen anbot bzw. sich von ihnen Nacktfotos schicken ließ.

17 DIN A4-Seiten umfasst die von Staatsanwalt Gert Strohner vertretene Anklage gegen den Kaufmann, wobei unter anderem hunderte Chat-Kontakten mit Schulmädchen vor allem aus dem nieder- und oberbayerischen Raum aufgelistet sind. Schwerpunkt ist aber zunächst der Vorwurf der Zuhälterei: Im Juli 2009 hatte der 35-Jährige seine spätere Verlobte, eine aus einer aus einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Straubing stammende Krankenschwester - inzwischen wegen körperlicher und psychischer Probleme Frührentnerin - kennen gelernt. Bis März 2010 lebte man in Straubing und zog dann nach Hohenpolding.

Bereits 2009 war die Frührentnerin in psychiatrischer Behandlung, war arbeitsunfähig und wurde mit Psychopharmaka behandelt. Das, so die Anklage, habe der Kaufmann ausgenutzt, um sie zu manipulieren und zu kontrollieren. Sie habe sie ihm ihr gesamtes Vermögen - bis zu 200 000 Euro - überlassen, dann soll sie auch noch ihr Auto verkauft und ihm das Geld übergeben haben.

Der 35-Jährige, so die Anklage weiter, habe alle Bankgeschäfte für seine Verlobte erledigt und sie kurz gehalten, um Geld musste sie ihn anbetteln. Dazu habe er sie von Freunden, Bekannten und Verwandten isoliert. Wenn ihm ihr Verhalten missfallen habe, habe er ihr das Handy und den Laptop abgenommen. „Er behandelte sie letztendlich wie ein kleines Kind und dominierte sie vollständig”, so die Quintessenz.

Ihre Abhängigkeit habe der 35-Jährige dann genutzt, um sie ab Oktober 2011 zu Escortdiensten und zur Prostitution zu zwingen. Nachdem er sie schon vorher mehrmals körperlich misshandelt habe, habe er gedroht, „sie windelweich zu schlagen, wenn sie nicht tue, was er wolle.” Er habe dann seine Freundin als „Chantal” auf einer Internetseite präsentiert, danach die eingehenden Anrufe überwacht und Termine ausgemacht, teilweise bis zu drei oder vier pro Tag. Vom Sexlohn habe er die Hälfte in die eigene Tasche gesteckt, vom verbliebenen Geld seien unter anderem Urlaube finanziert worden.

Insgesamt habe die 36-Jährige für ihre - zunächst freiwilligen - Sexdienste ungefähr 10 000 Euro eingenommen. Ab etwa Dezember 2011 habe die Frührentnerin immer wieder deutlich gemacht, dass sie aus der Prostitution aussteigen wolle - vergeblich. Weil sie die angedrohten Schläge fürchtete, habe sie weiter gemacht.

Im zweiten Komplex stellt die Anklage zunächst fest, dass der aus Westfalen stammende 35-Jährige bereits 2005 vom Amtsgericht Rheine wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Verbreitung pornografischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt wurde, die er vollständig zu verbüßen hatte. In diesem Zusammenhang sei ihm per Führungsaufsicht untersagt worden, mit Kindern und Jugendlichen Kontakt aufzunehmen.

Trotzdem, so die Anklage, habe er ab Ende 2010 regen Kontakt zu Schulmädchen gepflegt. Der Erstkontakt sei über soziale Netzwerke gelaufen, später sei er alternativ oder auch parallel per SMS fortgesetzt worden. Der 35-Jährige habe dabei auch mit Aliasnamen aufgetreten, habe die Mädchen anfangs mit Komplimenten „geködert” und sei dann sehr schnell auf Sex gekommen. Insbesondere habe er von den teilweise erst 13 Jahre alten Mädchen immer wieder Nacktfotos verlangt, ihnen dafür dann Handyguthaben zukommen lassen. Teilweise habe er den Schülerinnen auch Geld für gemeinsame Treffen mit Geschlechtsverkehr angeboten - zwischen 100 und 300 Euro.

Zum Prozessauftakt vor der Jugendkammer machte der Kaufmann zu den Vorwürfen zunächst keine Angaben und schilderte kurz seinen Lebenslauf: Nach seiner Ausbildung, die er erst 2007 abgeschlossen habe, sei er freiberuflich tätig gewesen, habe für Finanzdienstleister gearbeitet und sei an der Börse aktiv gewesen. Mehrfach, so deutete er an, habe er sich in Frankreich in die Fremdenlegion beworben und sei schließlich auch als V-Mann für den deutschen Verfassungsschutz tätig gewesen.

Wie am Rande des Prozesses bekannt wurde, soll der 35-Jährige im Rahmen des Ermittlungsverfahrens die Vorwürfe vehement bestritten habe. Seine Ex-Verlobte soll sich nach seiner Version freiwillig prostituiert haben und dem horizontalen Gewerbe auch noch nach seiner Verhaftung Jahr 2013 nachgegangen sein. Die Kinder- und Jugendpornos seien ihm im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für den Verfassungsschutz quasi „untergejubelt” worden, um ihn zu kriminalisieren.

Nachzutragen bleibt noch, dass der Kaufmann im Juni 2013 in der JVA Bernau, wo er eine Haft zu verbüßen hatte, einen Laptop mit über 250 kinder- und jugendpornografischen „Werken”, wobei es sich teilweise um den Missbrauch von Kleinkindern (bis drei Jahre) handelte, bei sich hatte.

Der Prozess, für den insgesamt noch elf Verhandlungstage angesetzt sind, wird am Mittwoch fortgesetzt.

Erding