Mit Marihuana für Fahrdienste entlohnt
Bei der Fahrt zum Vietnamesenmarkt am Steuer

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 19:34 Uhr

Einen inzwischen verurteilten türkischen Wirt aus Landau hatte eine Wallersdorfer Verkäuferin zu Einkäufen von Crystal Speed auf den „Vietnamesenmarkt” im tschechischen Folmava gefahren und war dafür mit Marihuana entlohnt worden. Vor der 2. Strafkammer beim Landgericht handelte sie sich dafür eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ein, die sie allerdings größtenteils in einer Entziehungsanstalt „absitzen” wird.

LANDAU/LANDSHUT Wie seinerzeit berichtet, hatte der Landauer Wirt im Jahr 2010 in seinem Lokal über Monate hinweg einen schwunghaften Drogenhandel betrieben, bis er am Heiligen Abend 2010 verhaftet wurde. Insgesamt hatte er rund 7,2 Kilogramm Marihuana und zwei Kilo der gefährlichen Designerdroge Crystal Speed aus Holland bzw. aus Tschechien eingeführt und an seine Abnehmer in der Region Landau vertickt.

Von der 1. Strafkammer des Landgerichts war er deshalb zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden, die er in der Zwischenzeit verbüßt. Das Strafmaß war relativ moderat ausgefallen, weil der Wirt im Rahmen der Ermittlungen auspackte, seine Helfer und auch eine Vielzahl von Abnehmern namhaft machte.

Darunter auch die 29-jährige Verkäuferin, die ihn bei zwei Einkaufsfahrten im Herbst 2010 ins tschechische Folmava nahe der Grenze bei Furth im Wald chauffiert hatte: Bei der ersten Fahrt wurden 120 Gramm Crystal Speed und 200 Gramm Marihuana nach Landau gebracht. Bei der zweiten Fahrt, bei der auch noch eine rumänische Hausfrau aus Landau mit von der Partie war - sie wurde inzwischen zu zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, hat aber Revision eingelegt - waren es 50 Gramm Crystal Speed und wieder 200 Gramm Marihuana. Als Lohn für ihre Fahrerdienste bekam die 29-Jährige jeweils zwischen 80 und 100 Gramm Marihuana.

Außer der illegalen Drogeneinfuhr und der Beihilfe zum Handeltreiben warf die Anklage der Verkäuferin noch Diebstahl und Urkundenfälschung vor: Sie hatte im April 2011 in einer Arztpraxis in Loiching den Stempel geklaut und damit mit gefälschten Rezepten bei zwei Apotheken in Landau jeweils 50 Diazepam-Tabletten besorgt. Ein Versuch, ein gefälschtes Rezept in einer Dingolfinger Apotheke einzulösen, scheiterte, weil dort die Fälschung erkannt wurde.

Beim Schöffengericht des Amtsgerichts Landau hatte sich die 29-Jährige eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten eingehandelt. Dagegen legte sie Berufung ein und legte vor der 2. Strafkammer des Landgerichts ein umfassendes Geständnis ab. Seit vielen Jahren, so berichtete sie, sei sie Konsumentin harter Drogen und befinde sich seit rund acht Jahren in Substitution. Das Marihuana, das sie als Entlohnung für ihre Fahrdienste erhalten habe, sei nicht für den Eigenkonsum bestimmt gewesen, vielmehr habe sie es weiterverkauft, um an das Geld für harte Drogen zu kommen.

Den Stempel habe sie aus der Praxis ihres Zahnarztes entwendet, so die 29-Jährige. Der habe ihr alle Zähne gerissen und quasi aus Trotz habe sie den Stempel mitgenommen. Als ihr ihr Hausarzt dann keine Diazepam-Tabletten mehr verschrieben habe, habe sie ihn wieder „hervorgekramt” und die Rezepte gefälscht.

Angesichts des Geständnisses kam es zu einer Verständigung unter den Prozessbeteiligten, wobei man sich auf eine Reduzierung der Freiheitsstrafe auf zwei Jahre und drei Monate einigte. Einerseits, so Vorsitzender Richter Robert Mader, sei das Urteil beim Landauer Schöffengericht im Vergleich zu dem gegen den Haupttäter unverhältnismäßig hoch ausgefallen. Andererseits wolle man der 29-Jährigen die Gelegenheit geben, sich umgehend um eine Drogentherapie, die sie nach eigenem Bekunden antreten wolle, zu bemühen.

„Die ist nach acht Jahren längst überfällig”, so der Vorsitzende Richter. Ein umgehender Therapieantritt und ein erfolgreicher Abschluss könnten ihr das Gefängnis ersparen, eine eventuell verbleibende Reststrafe würde dann zur Bewährung ausgesetzt. Strafmildernd werteten die Prozessbeteiligten auch, dass die Verkäuferin keinen Einfluss auf den Einkauf - weder auf die Menge noch auf die Qualität - gehabt habe und die Taten in engem Zusammenhang mit ihrer Betäubungsmittel-Abhängigkeit gestanden hatten.

Dingolfing-Landau