Schreck im Freilassinger Freibad
Kind fast ertrunken – außer Lebensgefahr

06.07.2017 | Stand 27.07.2023, 0:04 Uhr

Ein zweieinhalbjähriges Mädchen hatte am Mittwoch, 1. August, gegen 18.30 Uhr einen Schutzengel. (Symbolfoto)

FREILASSING Dem Ertrinkungstod knapp entronnen ist ein zweieinhalbjähriges Mädchen am Mittwoch, 1. August, gegen 18.30 Uhr im Freilassinger Freibad. Das Kind eines französischen Urlauberehepaares konnte reanimiert werden. Das bestätigt die Polizei Freilassing auf Anfrage des Wochenblattes.

Der Schreck fuhr allen Badegästen tief in die Glieder, als plötzlich Aufruhr am nördlichen Rand des Nichtschwimmerbeckens entstand. Ein lebloses, kleines Mädchen war aus dem Wasser gezogen worden und lag nun am Beckenrand. Ein Mann rief laut um Hilfe. Ein zufällig anwesender Arzt leistete sofort Erste Hilfe, die beiden Bademeister stürzten hinzu und unterstützten ihn bei der Reanimation, bis der Notarzt eintraf. Auch der Hubschrauber wurde angefordert. Aufgrund des heißen Wetters waren um diese Uhrzeit noch viele Badegäste da.

Wie die Polizei am Donnerstag gegenüber dem Wochenblatt auf Anfrage Auskunft gab, hatte das Mädchen großes Glück, es konnte reanimiert und außer Lebensgefahr ins Traunsteiner Krankenhaus geflogen werden. Die Polizei erhielt am Morgen auf Nachfrage die Auskunft, dass dem Mädchen voraussichtlich keine Schäden bleiben würden und es wahrscheinlich zum Wochenende schon wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden kann.

Was war passiert? Eine 34-jährige Urlauberin aus Frankreich, die zur Zeit zu Besuch bei ihrer Schwester in Freilassing ist, hielt sich mit ihrem Kleinkind im Freibad auf. Sie ließ das Kind kurz aus den Augen, worauf sich das kleine Mädchen selbständig machte und von der Liegewiese in den Beckenbereich wechselte. Während sie eine Breze aß, stürzte es ins Nichtschwimmerbecken.

Ob das Kind einfach hinter anderen Kindern ins Wasser sprang oder aus Versehen hineinfiel ist bislang ungeklärt. Das Kind wurde schließlich von einer 34-jährigen Freilassingerin unter Wasser treibend bemerkt. Die Frau, selbst Mutter mehrerer Kinder, zögerte nicht lange. Sie sprang ins Wasser und zog das Mädchen aus dem Wasser. Sie schrie ihrem Ehemann der praktischer Arzt ist und sich in der Nähe befand. Dieser stellte fest, dass das Kind bereits ohnmächtig und ohne Atmung war. Während er sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen begann, wurde die Situation von der Schwimmmeisterin bemerkt, die gerade ihren Rundgang um das Becken machte.

Sie unterstützte den Arzt bei den lebensrettenden Maßnahmen und räumte die Essensreste aus dem Rachen des Kindes, damit die Beatmung begonnen werden konnte. Gleichzeitig wurde der Notruf an die Rettungsleitstelle Traunstein abgesetzt. Die Lebensretter setzten ihre Maßnahmen fort bis der Notarzt eintraf und das Mädchen wieder zu sich kam. Das Mädchen wurde mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum Traunstein verbracht und ist mittlerweile außer Lebensgefahr.

Nach Auskunft der Fachärzte des Klinikums Traunstein hat das Mädchen nur überlebt, weil die Lebensretter sofort die richtigen Maßnahmen getroffen hatten. Gegen die Mutter wurde ein Ermittlungsverfahren wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht und Fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet.

Da es für den Sturz oder Sprung des Kleinkindes ins Wasser bislang keine Zeugen gibt bittet die Polizeiinspektion Freilassing um Hinweise unter der Telefonnummer 08654-46180.

Im Gespräch mit dem Wochenblatt erklärt der Bayerisch Gmainer Chirurg und Allgemeinmediziner Dr. Franz Leipfinger, der auch Chefarzt des Roten Kreuzes ist, das man Kleinkinder am Wasser, und sei es auch nur ein aufblasbares kleines Becken, auf keinen Fall aus den Augen lassen darf. Selbst Geschwister seien keine adäquate Aufsichtsperson. „Es passieren hier sehr viele Unfälle”, so der Leitende Notarzt.

Die meisten Ertrinkungsunfälle bei Kleinkinder ereignen sich laut Dr. Leipfinger in einer Wassertiefe von circa drei bis 33 Zentimetern. Was passiert: Gerät das Kind mit dem Gesicht unter Wasser, kippt also zum Beispiel nach vorne, verschließen sich die Stimmbänder, damit kein Wasser in die Lunge kommt. Wenn dann über zu lange Zeit kein Sauerstoff in den Körper gelangt, kommt es zum so genannten trockenen Ertrinken. Begleiterscheinung ist, dass die Kinder in dieser Situation in eine Starre verfallen, also nicht um sich schlagen und so auf ihre Notsituation aufmerksam machen können. „Das kann bis zum Vorschulalter passieren”, so der Arzt weiter.

Kinder können grundsätzlich länger als Erwachsene ohne Sauerstoff überleben. Ebenso sind die Überlebenschancen höher, wenn es sich um kaltes Wasser handelt, denn dann benötigt das Gehirn weniger Sauerstoff. Laut Dr. Leipfinger soll es laut diverser Fachliteratur schon Kinder gegeben haben, die 20 Minuten unter Wasser waren und dennoch erfolgreich wiederbelebt werden konnten.

So bleibt der abschließende Appell: Kleinkinder nie ohne dauernde Aufsicht von Erwachsenen in der Nähe von Wasser lassen!

Berchtesgadener Land