Hinschauen und handeln
Passauer Aktionsgruppe engagiert sich gegen Gewalt an Frauen

17.11.2017 | Stand 31.07.2023, 12:43 Uhr
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Vorgestellt wurden die Programmpunkte rund um den Internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen“ im neu erbauten Passauer Frauenhaus.

PASSAU Für die Mitglieder der Passauer Aktionsgruppe „NEIN zu Gewalt an Frauen“ ist es ein jährlicher Pflichttermin: Am 25. November wird mit einem internationalen Gedenktag weltweit auf das große Problem häuslicher und sexueller Gewalt an Frauen aufmerksam gemacht. Nach wie vor ein Tabuthema – obwohl Gewalt an Frauen leider keineswegs selten vorkommt.

„Alleine in Niederbayern wurden im Jahr 2016 insgesamt 1764 Fälle von häuslicher Gewalt angezeigt“, benannte die Sprecherin der Aktionsgruppe, Hildegard Weileder-Wurm vom Referat Frauen der Diözese Passau, die erschreckende Zahl im Rahmen einer Pressekonferenz. Und die Dunkelziffer könnte noch weit höher liegen, denn nicht jede betroffene Frau zeigt den Täter auch an.

„Man geht davon aus, dass nur 40 Prozent der Fälle überhaupt zur Anzeige gebracht werden“, so Weileder-Wurm weiter. Damit wird klar: Gewalt an Frauen ist kein Randthema und findet auch nicht nur am Rande der Gesellschaft statt.

„Betroffen sind Frauen jeden Alters, jeder sozialen Schicht, jeder Nationalität“, weiß Weileder-Wurm. Obwohl die Probleme bekannt sind, bessert sich nur wenig. Die Mitglieder der Aktionsgruppe sind sich aber sicher: Aufmerksamkeit kann helfen. Deshalb beteiligt sich die Gruppe alljährlichen am Internationalen Gedenktag am 25. November mit verschiedenen Aktionen.

„Die Leute wollen gerne wegschauen und sich einreden, dass es so etwas in ihrem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis nicht gibt. Mit unseren Aktionen wollen wir die Menschen dafür sensibilisieren, die Augen aufzumachen und sie ermutigen, betroffenen Frauen ihre Unterstützung und Solidarität anzubieten“, so die Sprecherin der Aktionsgruppe.

Bereits am 23. November wird im Scharfrichterkino Passau der Film „Wie im Himmel“ gezeigt. Am Aktionstag selbst gibt es in der Passauer Stadtgalerie von 10 bis 17 Uhr einen Infostand. Thematische Büchertische gestalten die Geschäfte Pustet, Kolibri und Thalia. Weiterhin wird an diesem Tag ab 15 Uhr im Pfarrsaal Waldkirchen das 30-jährige Bestehen von Solwodi gefeiert. Den Festvortrag hält Sr. Lea Ackermann.

Am 27. November wird schließlich um 18 Uhr in der Evangelischen Stadtpfarrkirche St. Matthäus mit Beteiligung der Fachakademie für Sozialpädagogik Passau ein ökumenisches Abendgebet gefeiert. Zum Begleitprogramm gehört außerdem ein Selbstverteidigungskurs für Frauen am 4. Dezember, der von pro familia Passau organisiert wird.

Vorgestellt wurden die Programmpunkte rund um den Internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen“ im neu erbauten Passauer Frauenhaus. Also an dem Ort, der für viele Betroffene oft der letzte Ausweg aus der Gewaltspirale ist. Hier können die Frauen in einem geschützten Umfeld einen Neuanfang für sich und ihre Kinder vorbereiten.

„Die Frauen kommen natürlich nicht von heute auf morgen zu uns. Hinter vielen liegt ein langer Weg. Viele der Frauen haben ihr Selbstbewusstsein völlig verloren“, weiß Hildegard Stolper vom Frauenhaus. Der entscheidende Punkt, die Leidenszeit zu beenden und sich Hilfe zu suchen, sei oftmals dann erreicht, wenn die Kinder nicht nur Zeugen der Gewalt, sondern selbst zu Betroffenen werden. „Wenn der Mann die Kinder schlägt, sagen die Frauen: Jetzt ist Schluss – meinen Kindern passiert das nicht. Es sind einige Frauen hier, bei denen das der Fall war“, so Stolper weiter.

Derzeit befinden sich sieben Frauen und 14 Kinder im Passauer Frauenhaus. Eine Bewohnerin hatte sich bereit erklärt, der Presse ihre Geschichte zu erzählen – zu ihrem eigenen Schutz natürlich anonymisiert. „Ich bin hier, weil es mit meinem Mann auseinanderging und er handgreiflich wurde. Ich wollte nicht, dass die Kinder das mitbekommen“, sagte sie. Zwei Mal habe ihr Mann sie ins Gesicht geschlagen. Beim zweiten Mal sei die Entscheidung gefallen, Schutz im Frauenhaus zu suchen.

„Ich fühle mich hier richtig wohl und sicher. Trotzdem möchte ich möglichst schnell wieder auf eigenen Beinen stehen, eine eigenen Wohnung haben“, so die Bewohnerin. Eine Geschichte, die exemplarisch zeigt: Gewalt gegen Frauen ist noch immer ein weit verbreitetes Problem. Genau darauf will die Passauer Aktionsgruppe mit ihrer Beteiligung am Internationalen Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen“ aufmerksam machen.

Zur Gruppe gehören das Referat Frauen, die Gleichstellungsbeauftragen von Stadt und Landkreis Passau, amnesty international, der KDFB-Diözesanverband, das evangelische Dekanatsfrauenteam, pro familia, Solwodi, der Jugendverband GCL - Gemeinschaft christlichen Lebens, der Sozialdienst katholischer Frauen mit dem Frauenhaus, die VHS sowie der Weiße Ring.

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