Schulden
Die Schere zwischen Arm und Reich ist eine zwischen Stadt und Land

18.11.2017 | Stand 13.09.2023, 0:24 Uhr
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Der aktuelle Schuldenatlas 2017 der Creditreform macht klar: Wer in der Stadt lebt, hat ein höheres Schulden-Risiko als am Land.

BAYERN Immer mehr Menschen sind überschuldet. Das geht aus dem aktuellen Schuldneratlas der Creditreform hervor. Das Unternehmen veröffentlich seit einigen Jahren eines Atlas, aus dem man ablesen kann, wie viele Haushalte in Deutschland nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden zu bezahlen. Der Atlas ist also auch ein Abbild, wie arm und wie reich bestimmte Regionen sind.

Die gute Nachricht vorweg: Das Verlagsgebiet des Wochenblatts, das von Regensburg im Norden über Landshut bis nach Altötting und Burghausen sowie Passau im Süden reicht, gehört fast durchgehend zu den besser gestellten Regionen Deutschlands. Kein Wunder, liegt die Region ja im Süden der Republik, und der Süden ist in Deutschland deutlich wohlhabender als der Norden oder der Osten. Doch der aktuelle Schuldenatlas zeigt auch: Es verschiebt sich gerade etwas gewaltig. Erstens hat die Zahl der überschuldeten Haushalte weiter zugenommen, wenn auch nur leicht: Über 6,9 Millionen Bundesbürger über 18 Jahren sind demnach überschuldet, eine Steigerung von 65.000 Menschen gegenüber dem Vorjahr. Die Schuldnerquote mit 10,42 Prozent in Ostdeutschland ist noch immer höher als im Bundesschnitt mit 10,04 Prozent. Doch die Überschuldung im Westen der Republik nimmt stärker zu. Mit 7,47 Prozent liegt Bayern weit hinter Bundesländern wie Brandenburg (10,12 Prozent überschuldete Haushalte).

Weitere Trends sind: Immer mehr Frauen geraten in die Schuldenspirale. Ihre Zahl nahm stärker zu auf 2,7 Millionen Frauen als bei den Männern, die 4,2 Millionen Überschuldete ausmachen. Und die Jugend hingegen wird solider, wenngleich die Quote hier bei 14,06 Prozent liegt, diese aber fällt. 194.000 Menschen ab 70 Jahren gelten als überschuldet, das heißt, sie können ihre Schulden nicht mehr begleichen. Ihre Zahl nahm um 11,5 Prozent zu!

Interessant ist auch: Vor allem der Mittelstand gerät massiv unter Druck. Die Zahl der Überschuldungsfälle aus gehobenen Schichten nahm um 3.000 Fälle auf 1,76 Millionen ab, die Zahl der Fälle aus der Mittelschicht nahm um 69.000 Fälle auf 4,38 Millionen Menschen aber zu. Besonders heikel auch, wie die Creditreform die Zukunft einstuft: Demnach sei „trotz weiterhin positiver konjunktureller Rahmenbedingungen nicht mit einer nachhaltigen Entspannung der privaten Überschuldungslage in Deutschland zu rechnen. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass die Überschuldungszahlen weiterhin ansteigen werden.“ Das bedeutet auch: Die Kluft zwischen Menschen, die sich nichts mehr leisten können, und jenen, die finanziellen Spielraum haben, nimmt weiter zu.

Doch wie sieht es in der Region aus? Die gute Nachricht: Keine Region unseres Verlagsgebiets hat Alarmstufe Rot! Während ganze Regionen im Osten, die Bundeshauptstadt Berlin oder das Ruhrgebiet in weiten Teilen eine Quote von mehr als 14 Prozent Überschuldete aufweisen, sind es in unserer Region vor allem die Städte, die ausscheren. Das Gefälle zwischen den Städten und den sie umgebenden Landkreisen hat bei uns auch weiter zugenommen. Beispiel Straubing: Von mehr als 460 kreisfreien Städten und Landkreisen liegt die Stadt Straubing auf Platz 323, also im hinteren Bereich des Rankings. Der Landkreis Straubing-Bogen zählt aber mit Platz vier zu den am wenigsten überschuldeten Regionen der Bundesrepublik! Ähnlich ist es in Regensburg: Die Stadt belegt hier Platz 231, der Landkreis aber Platz 19. In der Stadt Regensburg war 2016 jeder Zehnte überschuldet. Die Quote sank in der Stadt leicht, ein Zeichen dafür, dass der Druck auf Regensburg etwas kleiner geworden ist.

Landkreis Landshut ist top, doch die Stadt floppt

Ähnliches in Landshut: Der Landkreis liegt auf Platz zehn der bundesweit am wenigsten überschuldeten Regionen Deutschlands, die Stadt aber fällt auf Platz 147. Hier ist die Quote von 8,39 Prozent überschuldeter Haushalte im Jahr 2016 auf 8,58 Prozent gestiegen. Das ist zwar noch weit unter dem Bundesschnitt mit etwa zehn Prozent, aber: Das ständig steigende Niveau der Lebenshaltungskosten drückt gerade auf jene, die Schulden haben. Auch in Passau sieht es danach aus: In der Stadt ist fast jeder Zehnte überschuldet (Platz 224). Auffällig ist aber, dass der Landkreis zwar mit Platz 54 weiter vorne liegt als die Stadt, doch auch hier der Druck auf Schuldner zunimmt. Dennoch liegt der Landkreis Passau mit einer Schuldnerquote von 6,7 Prozent beispielsweise vor reichen Regionen wie der Landkreis Bad Tölz (6,72 Prozent).

Zugenommen hat der Druck aber auch in boomenden Regionen wie dem Landkreis Deggendorf. Hier stieg die Zahl der Überschuldeten von 6,92 Prozent im Jahr 2012 auf 7,58 Prozent in 2017. Und auch das Rottal, wenngleich auf Platz 31 und demzufolge mit bei den Regionen weit unter Landes- und Bundesschnitt, stieg die Zahl von 5,93 Prozent auf heute 6,31. Gleiches im Landkreis Regen, wo die Zahl von 6,08 auf 6,55 Prozent stieg (Platz 47). Im Landkreis Altötting stieg die Zahl von 6,56 Prozent auf 7,01, im Landkreis Mühldorf von 7,56 auf 8,02. Selbst im reichen Landkreis Erding nahm die Zahl der Überschuldeten von 6,15 Prozent in 2014 auf 6,41 Prozent zu, im reichen Landkreis Freising von 6,39 Prozent auf 7,05 Prozent.

Übrigens hat die Creditreform eine virtuelle Karte ins Netz gestellt, mittels der man die jeweilige Gemeinde abrufen kann, auch innerhalb des Landkreises. Wir haben diese hier verlinkt.

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