Pilgerweg
Von einem, der auszog, um das Leben zu lernen

18.11.2017 | Stand 13.09.2023, 1:56 Uhr
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Der Regensburger Alois Weger machte sich auf, um drei Pilgerwege mit dem Rad zu erkunden. Er erlebte die Menschen und die Natur auf einem Kontinent, der zusammen gehört.

REGENSBURG Weisheit ist eine Eigenschaft, mit der wird man nicht geboren. Das Leben, das uns Tag für Tag altern lässt, macht nicht unbedingt jeden weise.

Dass dem heute 58-jährigen Alois Weger eine Lebensweisheit zu eigen ist, war nicht unbedingt vorherbestimmt. Als Sohn aus bestem Hause hätte es auch anders kommen können. Denn Erfolg und Weisheit vertragen sich nicht unbedingt. Und Weger ist ein Lebemann, das merkt man ihm auch an. Einer, der gerne in Gesellschaft ist, einer, dem auch mal der Schalk im Nacken sitzt. Weise werden aber nicht nur die Vergeistigten, was Weger auch nicht ist. Weger lebt das Leben in vollen Zügen – atmet Freiheit. Und das hat ihn tiefgründig gemacht.

Im März 2017 brach der Regensburger auf zu einer Reise, die ihn einmal quer durch Europa führen sollte. „Ich habe mein Rad eingepackt, bin nach Sevilla gefahren und habe den Jakobsweg begonnen.“ Es ist nicht der einzige Pilgerweg, den Weger fährt, nachdem er die iberische Halbinsel erkundet hat und auf dem Weg den Muscheln, die den Pilgern als Wegweiser dienen, gefolgt ist, begibt er sich auch auf den Camino Francés, den Jakobsweg in Frankreich. Abgerundet hat er seine Reise mit dem Olafsweg in Norwegen. Was hat er mitgebracht?

„Drei Dinge: Wie wunderbar Natur ist, wie viel tolle Menschen es gibt und wie wichtig die Freiheit ist“, erzählt Weger. Er hat in unzähligen Pilgerunterkünften geschlafen, hat die Armut in Südosteuropa gesehen, war in Serbien an Massengräbern, in Rumänien und Bulgarien fuhr er durch wunderbare Natur und Menschensiedlungen, die wir als arm bezeichnen.

Sind ihm die Deutschen dabei sympathischer geworden? „Das ist eine gute Frage“, lacht Weger. Der Deutsche sei eben durchstrukturiert und streng, aber nicht unbedingt glücklicher als die Menschen in den anderen Ländern Europas. Die Herzlichkeit der Skandinavier hat er ebenso erlebt wie die Heißblütigkeit der Spanier und die Wehmütigkeit der Portugiesen.

Besonders berührt haben ihn die Chöre im Baltikum, wo die Menschen mit der „Singenden Revolution“ die Jahrhunderte dauernde Fremdherrschaft besiegt haben. Und das alles erst vor 20, 30 Jahren. Auch die Polen lernt Weger kennen, „das ist ein wunderschönes Land mit tollen Menschen“, weiß er zu erzählen. „Ganz anders als die Vorurteile, die manche haben.“

Auch die deutsche Geschichte begegnet ihm auf seiner Pilgerfahrt immer wieder, er übernachtet in der Nähe der Wolfsschanze, wo der menschenverachtende Führer die Deutschen ins Unglück lenkte und mit ihnen die halbe Welt. „Unsere Geschichte dürfen wir nie vergessen“, solche Sätze sagt Weger auch.

„Wir sind ein Kontinent, das spürt man schon“

Jetzt, wo er Europa er- und durchlebt hat, ist er Experte: Wie sehr spürt man, dass wir Eins sind auf dem Kontinent? „Sehr. Nur ganz deutlich habe ich in England gemerkt, dass die sich durch den Brexit abwenden“. Doch der ganze Kontinent ist ein Europa, das spüre man deutlich. So, und jetzt ist er wieder da. Ist durchs Eiserne Tor gefahren, wo die Donau ihren Durchbruch hat. Was bleibt ihm mehr als Erinnerungen? „Ich bin angekommen“, sagt Weger, und das merkt man auch. Jetzt wird er Diavorträge halten über seine Reise – und sich geistig auf die Nächste vorbereiten. „Südamerika vielleicht oder Neuseeland“, davon träumt der Weger Alois nun. Man merkt ihm an, dass das Leben nicht nur Furchen ins Gesicht zeichnet. Sondern bei manchem auch die Erkenntnis, welch ein Segen dieses Leben eigentlich ist ...

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