In Unterhosen und Crocs
Matthias (32) verfolgt Einbrecher und übergibt ihn der Polizei

14.11.2017 | Stand 31.07.2023, 11:02 Uhr
−Foto: n/a

Nur in der Unterhose und mit Crocs verfolgte Matthias Mitterer einen Einbrecher 45 Minuten lang.

TÜßLING/LANDKREIS ALTÖTTING Es ist etwa ein Uhr morgens und stockdunkel, Matthias Mitterer ringt auf einer Bauernwiese mit einem sich heftig wehrenden Einbrecher. Das ist der Moment, in dem ihm schlagartig bewusst wird, dass er etwas Wichtiges vergessen hat ...

Spulen wir in der Zeit etwa eine halbe Stunde zurück. Es ist der 13. Oktober, Matthias liegt friedlich in seinem Bett, als sein Hund „Indy“, ein Deutscher Jagdterrier, in seiner Hütte nahezu durchdreht.

Der 32-jährige Tüßlinger schwingt sich aus dem Bett und rennt, nur mit der Unterhose bekleidet und in seinen Crocs, nach unten um nachzusehen, was der Grund für die Aufregung ist.

Matthias Mitterer betreibt zusammen mit seinem Bruder die Heizungs- und Sanitärfirma „Franz X. Mittermayer“ und wohnt oberhalb der Firmenräume.

„In der Türe zum Garten hin ist eine Glasscheibe und durch diese habe ich einen dunkel gekleideten Mann gesehen, der auf der anderen Seite der Türe stand. Er trug einen Kapuzenpulli, den er weit ins Gesicht gezogen hatte.“

Ohne darüber nachzudenken, reißt Matthias Mitterer die Türe auf und schreit den Mann an: „Hey.“ Der Unbekannte, der ein gutes Stück größer und auch breiter als der 32-Jährige ist, ergreift sofort die Flucht - und Matthias nimmt die Verfolgung auf.

Der Einbrecher hechtet sich durch die Hecke über den Zaun und Matthias springt Kopf voraus hinterher.

„Völliger Irrsinn“, schüttelt der Tüßlinger lachend den Kopf. „Das würde ich normalerweise nie tun.“

Offenbar bekam kein Anwohner etwas mit

Es ist etwa halb eins und ganz Tüßling schläft. Nur zwei Personen hetzen durch die Straßen: der Kapuzenpullimann und sein Verfolger in Unterhosen und Crocs.

Nach einer Verfolgungsjagd durch verschiedene Straßen und Wege, gelingt es Matthias Mitterer, den Flüchtenden einzuholen.

„Er ist über einen Zaun geklettert, den ich in einem Satz nehmen konnte. Das hat ihn den Vorsprung gekostet.“ Der 32-Jährige bekommt den Einbrecher zu fassen, ringt ihn zu Boden und kann ihn trotz heftiger Gegenwehr festhalten.

Nun sind wir wieder genau bei dem Moment angelangt, in dem Matthias feststellt, dass er etwas Wichtiges vergessen hat, nämlich sich Gedanken darüber zu machen, was er mit dem Einbrecher macht, wenn er ihn hat.

Kein Tüßlinger hatte offenbar etwas von der Verfolgung mitbekommen, denn nicht einziges Fenster ist erleuchtet. Auch in einem Mehrfamilienhaus neben der Bauernwiese ist alles still, obwohl der Einbrecher teilweise lautstark brüllte. Und „ganz zufällig“ hat Matthias in seiner Unterhose auch keine Kabelbinder eingesteckt, um seinen Gefangenen zu fesseln. Der 32-Jährige steckt also irgendwie in einer unglücklichen Situation, denn freilassen möchte er den Einbrecher keinesfalls.

Glücklicherweise war inzwischen seine Freundin wach geworden und hatte sich mit dem Auto auf die Suche nach ihm begeben. Als die Freundin die beiden mehr durch Zufall entdeckte, klingelte sie in einem Wohnhaus und die Bewohner verständigten die Polizei.

Vier Mal entwischt, vier Mal wieder eingefangen

Inzwischen ist eine Dreiviertelstunde vergangen und der Einbrecher konnte seinem Häscher vier Mal entwischen und wurde vier Mal wieder von ihm eingefangen. Dabei verlor Matthias einen seiner Crocs ...

Als schließlich drei Streifenwagen mit Blaulicht eintreffen, presst Matthias den Gefangenen gerade gegen eine Straßenlaterne. Die Polizisten fahren zunächst an den beiden vorbei, werden dann aber von der Freundin umgeleitet.

„Als ich schließlich in der Unterhose in ein Polizeiauto stieg, waren auch einige Anwohner wach geworden, und schauten aus ihren Fenstern zu. Ich dachte nur: Oh Gott, was gebe ich jetzt für ein Bild ab?“

Wie sich herausstellte, hatte der Einbrecher in Tüßling einen Komplizen dabei, der ebenfalls festgenommen wurde. Ein guter Fang für die Polizei, denn das Duo aus Eggenfelden hatte schon mehrere Brüche verübt.

Für seinen Mut und seine Zivilcourage erhielt Matthias Mitterer von der Tüßlinger Bürgermeisterin Stephanie Gräfin Bruges-von Pfuel eine Urkunde die einen Ehrenplatz in seinem Wohnzimmer bekommen hat.

Der 32-Jährige geht mit der Sache bescheiden um: „Ich fühle mich nicht als Held. Ich habe einfach nur instinktiv gehandelt.“

Altötting