Erschreckend:
40.000 Menschen sterben in Deutschland im Jahr an Krankenhauskeimen

06.07.2017 | Stand 26.07.2023, 19:32 Uhr

Der Sprecher der deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGHK) Klaus-Dieter Zastrow, hat das Universitätsklinikum Leipzig kritisiert, weil sich dort Patienten Infektionen zugezogen hatten. "Wenn man mit einem solchen Problem über zwei Jahre zu tun hat, hat man ein schlechtes Ausbruchsmanagement", sagte der Experte dem Nachrichtenmagazin Focus.

LEIPZIG Wie jetzt erst bekannt wurde, hatten sich in der Leipziger Klinik seit Mitte 2010 multiresistente Keime vom Typ KPC (Klebsiella pneumoniae) verbreitet. Vor einigen Wochen wurden im Klinikum Bremen-Mitte wieder gefährliche Keime der Art entdeckt, die dort 2011 zum Tod von Frühchen geführt hatten. "Da war kein Funken Sachverstand vorhanden", sagte Zastrow zu den Verhältnissen in der Bremer Klinik.

Wie Focus berichtet, infizieren sich nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) pro Jahr 800.000 Patienten mit Krankenhauskeimen, 40.000 sterben daran. Das Robert Koch-Institut nennt bis zu 600.000 Infektionen jährlich und geht von rund 15.000 Todesopfern aus. Diese Zahlen sind jedoch nur Hochrechnungen, da exakte Daten fehlen. Denn lediglich die Hälfte der 2084 deutschen Krankenhäuser meldet ihre Daten ans Nationale Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen an der Charité in Berlin. "Nur 1010 Kliniken nehmen daran teil", sagte Direktorin Petra Gastmeier zu Focus. Das Problem sei seit 15 Jahren bekannt und werde auch erst einmal bestehen bleiben, so die Medizinerin. Multiresistente Keime gab es schon immer, doch einige Erreger haben in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Hauptsächlich weil Ärzte zu schnell und zu unspezifisch Antibiotika verabreichen.

Vor wenigen Monaten trat ein verschärftes Infektionsschutzgesetz in Kraft. Es verpflichtet die Länder, dafür zu sorgen, dass bereits mittelgroße Kliniken ab 400 Betten einen hauptamtlichen Krankenhaushygieniker einsetzen, der einen Hygieneplan entwickelt und überwacht. Von den 2.084 Kliniken sind nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) 360 so groß, dass sie nach dem neuen Gesetz einen Hygieniker beschäftigen müssten. Derzeit, so die DKG, arbeiteten aber nur in 92 der Einrichtungen Fachärzte für Hygiene oder Mikrobiologie. Weil es zu wenige ausgebildete Experten gibt, dürfen die Häuser bis Ende 2016 faktisch so weiterarbeiten wie bisher. DGHK-Experte Zastrow riet in Focus den Patienten: "Machen Sie sich im Internet schlau: schauen Sie, ob es eine Fachabteilung für Hygiene gibt und ob diese von einem Arzt geführt wird." ... FO

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